Studienprogrammevaluation 2020
Die interdisziplinären Osteuropa-Studien Bern-Fribourg wurden 2009 (BA) und 2010 (MA) gleichzeitig an beiden Universitäten eingeführt. Das Studienangebot wurde mit dem Ziel entwickelt, die an beiden Universitäten breit vorhandene Expertise im Bereich der Osteuropaforschung zu bündeln und für die Lehre nutzbar zu machen. Motivation war ein Interesse an ExpertInnenwissen zur Grossregion Osteuropa, die die Regionen Ostmitteleuropa, Südosteuropa und den postsowjetischen Raum umfasst. Die jüngere Geschichte und Gegenwartsproblematiken stehen im Fokus. Beteiligt sind Vertreterinnen und Vertreter der Geschichtswissenschaft, der Politikwissenschaft, der Berner und Fribourger Slavistik und der Sozialanthropologie. Auf den vier fachlichen Säulen Geschichte, Kulturwissenschaften (slavische Sprachen, Literatur, Philosophie), Politikwissenschaft und Sozialanthropologie wurden interdisziplinäre Studienprogramme auf BA- und MA-Ebene entwickelt. Diese Interdisziplinarität zusammen mit dem Fokus auf die neueste Geschichte und dem Einbezug der sozialwissenschaftlichen Komponente sind Alleinstellungsmerkmale im deutschsprachigen Raum.
Die Programme haben sich in den letzten Jahren so erfolgreich entwickelt, dass die vorhandene Infrastruktur und die zugewiesenen Ressourcen, trotz zusätzlicher, befristeter Beiträge der Philosophisch-historischen Fakultät zu knapp bemessen sind. Bereits vor der Evaluation begannen Überlegungen, die Programme in einen Joint Degree mit gemeinsamem Reglement und Studienplan beider beteiligten Universitäten zu überführen. Wichtige Impulse erhielten die Osteuropa-Studien durch die Studierendenbefragung, die im Frühjahr 2018 im Rahmen der Evaluation des Walter Benjamin Kollegs, in dessen Center for Global Studies die Osteuropa-Studien in Bern angebunden sind, durchgeführt wurde. Zusammen mit den intensiven Vorarbeiten für den Joint Degree und der Arbeit der Strukturkommission Slavistik (im HS 2020) schien der ideale Zeitpunkt für eine Studienprogrammevaluation gegeben. Der Evaluationsbericht wurde vom Fakultätskollegium am 14.12.2020 verabschiedet.
Aus dem Evaluationsbericht werden die grossen Stärken des Studienprogramms deutlich; gleichzeitig benennt er auch klar die Schwachstellen. Diese liegen im Wesentlichen in dem von Anbeginn unterschätzten administrativen Aufwand, der durch die stark angestiegenen Studierendenzahlen zusätzlich zunahm. Gerade der zeitintensive Koordinationsaufwand sowie die manuelle Übertragung von Leistungen von einem Universitätssystem zum anderen sind grosse Herausforderungen, die nur dank des hohen Engagements der beteiligten Parteien bislang abgefedert werden konnten.
Exemplarisch werden hier einige konkrete Beispiele aus der OES-Evaluation aufgeführt, die zur Verbesserung der Qualität der Lehre beitragen können: In der propädeutischen Phase des BA-Studiums sind im aktuellen Studienplan keine selbständigen schriftlichen Arbeiten vorgesehen, weshalb Studierende fehlende Schreibkompetenz in späteren Semestern beklagten. Der neue Studienplan (Joint Degree) soll hier Abhilfe schaffen. Ein wiederkehrendes Problem stellt der Informationsfluss zwischen BeNeFri-Studierenden und Gastuniversität, aber auch schon zwischen den unterschiedlichen Parteien (Institute, Zentren), die innerhalb der Universität Bern am Lehrangebot der Osteuropa-Studien beteiligt sind, dar. Die gemeinsame OES-Webseite der Universitäten Bern und Fribourg und eine Mailingliste für alle Studierende haben hier bereits geholfen, doch wird die Studienleitung durch die intensive Koordinations- und Planungsarbeit stark belastet. Auch die OES-Studierenden haben in der Befragung angegeben, der hohe administrative Aufwand des Studiums sei demotivierend, wobei sich die Möglichkeit, an zwei Standorten zu studieren, ebenfalls motivierend auswirke. Die OES-Verantwortlichen hoffen, dass künftig eine konstante Schnittstelle im Rahmen eines Joint Degree geschaffen werden kann. Dies würde auch helfen, universitäre und fachliche Unterschiede in den Leistungsüberprüfungen angemessen zu bewältigen. Ebenfalls wird eine räumliche Anlaufstelle für eine zentrale Studienberatung angestrebt. Diese und weitere Massnahmen sollen nach Möglichkeit in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden.